Text und Bilder von Tobias Rehm
Inmitten ländlicher Idylle, umgeben von Wald, Wiesen und Feldern, liegt am westlichen Rand des Landkreises Biberach der Bioland-Ziegenhof Ensmad. Seit mehr als 60 Jahren wird die Hofstelle auf Gemarkung Ittenhausen nach den Richtlinien des ökologischen Landbaus bewirtschaftet, war hierfür von 1973 bis 1995 gar Versuchsgut der Universität Hohenheim. 2011 pachteten Maria Ehrlich und Steffen Rübeling den Hof und setzten die Tradition der ökologischen Bewirtschaftung nahtlos fort. Sie spezialisierten sich auf Milchziegenhaltung mit Milchverarbeitung in der eigenen Käserei und halten heute rund 120 Ziegen.
Wenn Steffen Rübeling den Blick von seiner Hofstelle über das darunterliegende Tal schweifen lässt, spricht er von einem „absoluten Megaspot“ mit einmaliger Lage. Nicht nur, weil hier die Grenzen der Kreise Sigmaringen und Reutlingen in Reichweite sind und in Ensmad mit der im 14. Jahrhundert erstmals erwähnten Wallfahrtskapelle St. Ursula ein bekanntes Wahrzeichen steht. Sondern vor allem auch wegen der Artenvielfalt, die an diesem beschaulichen Fleck beeindruckend sei. Die Lage auf rund 700 Metern Höhe am Rande der Alb birgt für die Landwirtschaft indes besondere Herausforderungen. „Wir haben eine kurze, späte Vegetation“, sagt Rübeling. „Landwirtschaftlich betrachtet ist es ein komplizierter Standort.“
Der gebürtige Nordhesse und seine Frau hatten es sich vor 15 Jahren zum Ziel gesetzt, einen eigenen Betrieb zu bewirtschaften. Sie arbeiteten zu diesem Zeitpunkt schon jahrelang auf Höfen, sammelten sowohl Erfahrung in der Milchverarbeitung als auch der Ziegenhaltung und zeigten sich aufgeschlossen, wo ihre neue Wirkungsstätte liegt. Ensmad war den beiden Agraringenieuren ein Begriff. Maria Ehrlich hatte den Hof während ihrer Tätigkeit bei Woldemar Mammel, dem Wiederentdecker der Alb-Linsen, kennengelernt.
Als der damalige Ensmad-Pächter bei der angestrebten Hofübergabe auf das Paar aufmerksam wurde, stand für die beiden schnell fest, dass sie ihre ersten Schritte in der Selbstständigkeit dort versuchen möchten. „Wir waren von der Idee absolut überzeugt“, sagt Steffen Rübeling rückblickend. „Ein Zweifler hätte man aber vermutlich nicht sein dürfen.“ Die Fortsetzung der ökologischen Bewirtschaftung des Ensmad-Hofs stand außer Frage. „Für uns ist das ganz normal. Unser Zugang zu Landwirtschaft und Tierhaltung ist ökologisch.“
40 Hektar landwirtschaftliche Fläche bewirtschaften Rübeling und Ehrlich, die gemeinsam mit ihren drei Kindern auf der Hofstelle leben. Knapp sechs Vollzeitkräfte arbeiten auf dem Betrieb, der zu 95 Prozent vom Ziegenkäse-Verkauf lebt. Der Großteil der 120 Milchziegen großen Herde wird durchgängig von Januar bis Dezember gemolken, 90.000 Kilogramm Milch werden pro Jahr verarbeitet. Steffen Rübeling erzählt, dass seinen Tieren deutlich mehr Stallfläche zur Verfügung stehe, als bei Bio-Betrieben vorgeschrieben sei. Die Tiere könnten sich problemlos aus dem Weg gehen, es gebe weit mehr Fressplätze als Tiere. „Die Tierhaltung ist unser Steckenpferd.“ So würden inzwischen auch fast alle Ziegenkitze, die auf dem Hof geboren werden, muttergebunden aufgezogen. Sieben bis acht Wochen trinken Ziegenkitze Milch. „Bei uns verbringen sie die überwiegende Zeit davon bei ihren Müttern“, erklärt der Landwirt.
Etwa drei Liter Milch gibt eine Ziege am Tag. Nach dem Melken wird die Milch schonend eine halbe Stunde lang auf 63,5 Grad Celsius erwärmt. Die Pasteurisierung ermöglicht es, dass nicht zwangsläufig jeden Tag die Produktion in der Hofkäserei läuft. Vier bis fünf Chargen werden pro Woche gemacht. Dabei entsteht ein breites Sortiment an Käsespezialitäten, die Namen wie „Ensmader Grieche in Öl“, „Ensmader Ziegenfrischkäse Alb-Orient-Express“, „Ensmader Camembert“ oder „Ensmader Honigblüte“ tragen. Alles zu 100 Prozent aus Ziegenmilch hergestellt und ebenso wie die eigene Ziegensalami und das saisonale Kitzfleisch nach den Richtlinien von Bioland zertifiziert.
Vertrieben wird der Ziegenkäse überwiegend im Bereich Schwäbische Alb, Reutlingen, Tübingen und Stuttgart. Dort werden neben Stammkunden in der Gastronomie Bioläden, Käse- und Feinkosthändler und ausgewählte Großhändler beliefert. Auch auf dem Hof gibt es eine kleine Verkaufsstelle. Bei Hofführungen zeigen die Bio-Landwirte regelmäßig, wie sie auf ihrem Ziegenhof leben und arbeiten, wie die Tiere gehalten werden, wie aus der Milch Käse gemacht wird – und wie wohl sie sich in Ensmad fühlen. „Für uns ist das hier erfüllend“, sagt Steffen Rübeling. „Die Arbeit auf dem Hof gibt einem etwas zurück. Wir machen das Tag für Tag sehr gerne.“