Christoph Decker und Sven Wilhelm sind Bio-Landwirte in der Bio-Musterregion Mittelbaden+. Im Interview erklären sie, was Ökolandbau bedeutet und warum gerade jetzt ein guter Zeitpunkt ist, auf Bio umzustellen.
Naturpark: Ökolandbau, was bedeutet das für Sie?
Christoph Decker: Ökolandbau bedeutet für mich nicht nur der Verzicht auf chemisch synthetische Dünge- und Pflanzenschutzmittel, sondern auch eine umwelt- und ressourcenschonende Bewirtschaftung unserer Böden. Aber genauso wichtig ist, dass die regionalen Wertschöpfungsketten erhalten oder aufgebaut werden und somit die ländlichen Strukturen gestärkt werden.
Sven Wilhelm: Wirtschaften und bewirtschaften unserer Böden im Einklang mit unserer Natur.
Naturpark: Warum haben Sie auf Ökolandbau umgestellt und vor welchen Herausforderungen standen Sie dabei?
Wilhelm: Ich habe umgestellt, weil es so für mich nicht weitergehen konnte. Ich wollte und will weiterhin mit der Natur und nicht dagegen arbeiten. Das Ziel ist es, gesunde Nahrungsmittel für meine Familie, mich, meine Mitmenschen und Tiere produzieren zu können. Dabei möchte ich enkeltauglich wirtschaften und keinen Raubbau an der Natur verantworten müssen.
Naturpark: Was macht es aktuell für Landwirtinnen und Landwirte attraktiv, auf Ökolandbau umzustellen?
Decker: Die positive Wahrnehmung für ökologische Landwirtschaft in unserer Gesellschaft war noch nie so groß wie jetzt. Die dadurch entstehende Nachfrage ist ein weiterer wichtiger Punkt. Auch bei der Ausrichtung der Fördermittel für die Landwirtschaft werden ökologisch wirtschaftende Betriebe stärker gefördert. Durch die im Moment sehr hohen Preise für konventionell erzeugte Produkte, war es noch nie so attraktiv auf Bio umzustellen. Denn in der Umstellungszeit müssen die ökologisch produzierten Waren teils konventionell vermarktet werden. Auch für einen selbst und die eigene Familie ist es positiv, die nachhaltigste Form der Landwirtschaft zu betreiben und in der Öffentlichkeit darzustellen.
Naturpark: Für welche Betriebe eignet sich eine Umstellung?
Wilhelm: Für jeden Betriebe ist eine Umstellung sinnvoll. Man wird nicht nur positiv in der Gesellschaft wahrgenommen, sondern kann auch aus seiner sinnvollen Arbeit für Mensch und Natur positive Energie ziehen.
Naturpark: Was sollten Landwirtinnen und Landwirte dabei beachten?
Decker: Wichtig ist, dass die Umstellung auf Bio sehr gut geplant sein muss. Der Ist-Zustand des Betriebes ist zu ermitteln, um einen genauen Umstellungsplan erarbeiten zu können. Es ist wichtig, die Absatzkanäle früh zu bestimmen und Gespräche im Vorfeld zu führen. Hier gibt es aber ausreichend Möglichkeiten der Unterstützung durch viele verschiedene Berater. Die Biomusterregion kann eine erste Anlaufstelle sein.
Naturpark: Wie sieht es mit den Auswirkungen des Klimawandels, wie etwa den längeren Trockenperioden aus? Ist da die konventionelle Bewirtschaftung oder der Ökolandbau im Vorteil?
Wilhelm: Beim Thema Klimawandel und Trockenheit sehe ich die biologische Landwirtschaft klar im Vorteil. Durch die ökologische Bewirtschaftung entstehen oft tiefgründigere und humusreichere Böden, die durch ihre Bodenstruktur Wasser besser halten können. In solchen Böden können Trockenphasen besser ausgeglichen werden.
Naturpark: Angesichts dieser Potentiale stellt sich die Frage, warum gerade einmal 14 Prozent der Landwirtinnen und Landwirte in Deutschland Ökolandbau betreiben. Was müsste sich ändern damit es mehr werden?
Decker: Bei uns in der Region sind es noch deutlich weniger als im Bundesdurchschnitt. Im Landkreis Rastatt zum Beispiel sogar unter fünf Prozent. Diese Frage haben sich auch einige Verbraucher, Verarbeiter, Anbauer und Vermarkter gestellt. Daraufhin hat sich der Initiativkreis der Biomusterregion gegründet. Das Regionalmanagement um Mona Jogerst vom Naturpark Schwarzwald Mitte/Nord und der Verein Bioregion Mittelbaden+ 2021 e.V. wollen ein niederschwelliges Angebot zur Information durch ehrenamtliche Biopraktiker bereitstellen. Somit soll die Hürde der Umstellung auf biologische Landwirtschaft erleichtert werden.