Bei der Veranstaltung „Rinder – Schlachtung im Herkunftsbetrieb“ auf dem Biohof Bohner bei Bad Waldsee am 12. Oktober informierten das Veterinär- und Verbraucherschutzamt Ravensburg sowie Philipp Sontag und Julian Seif, zwei Metzgermeister aus dem Landkreis, über das Schlachten von Rindern im Herkunftsbetrieb. Bei der federführend von der Bio-Musterregion Ravensburg in Kooperation mit dem Landwirtschaftsamt Ravensburg organisierten Veranstaltung informierten sich knapp 30 Landwirte/innen und Metzger zu dem Thema.
„Das heutige Thema passt zum momentanen Zeitgeist, in dem Themen wie Biodiversität, Klimaschutz und Tierwohl immer wichtiger werden. Denn was nutzt Tierwohl im Stall, wenn die Schlachtung mit immensem Stress verbunden ist? Die Schlachtung im Herkunftsbetrieb ist für mich deshalb ein Beispiel, wie Tierwohl konsequent weitergedacht werden kann.“, so Norbert Böhringer, stellvertretender Amtsleiter des Landwirtschaftsamtes Ravensburg bei seiner Begrüßung. Aus ähnlichen Gründen kam die Familie Bohner auch zum Thema Schlachtung im Herkunftsbetrieb. Der Biohof leistet bereits viel fürs Tierwohl. So ist der Stall als Kompoststall konzipiert und die Kälber werden kuhgebunden aufgezogen. Als der nahegelegene EDEKA Interesse an regionalem Fleisch geäußert hat, war für Familie Bohner klar, dann muss auch regional und unter besten Bedingungen geschlachtet werden. So kam der Kontakt zu Philipp Sontag zustande, und seither werden immer wieder einzelne Tiere für EDEKA auf dem Betrieb geschlachtet.
Sandra Huber vom Veterinär- und Verbraucherschutzamt in Ravensburg erklärte den Teilnehmenden, welche rechtlichen Anforderungen zu erfüllen sind und wie man sich als Betrieb zur Schlachtung im Herkunftsbetrieb anmelden kann. Die Genehmigung zur Schlachtung im Herkunftsbetrieb ist zunächst ein Jahr gültig und kann anschließend verlängert werden. So ist im Lauf des Jahres dann nur noch die Anmeldung der einzelnen Schlachtvorgänge beim amtlichen Tierarzt, der bei der Schlachtung anwesend sein muss, notwendig. Im Landkreis Ravensburg steht für die Anmeldung zur Schlachtung im Herkunftsbetrieb bereits ein gut ausgearbeitetes Formular zur Verfügung, sodass die bürokratische Hürde möglichst gut überwunden werden kann.
Auch Philipp Sontag, Metzgermeister und Fleischsommelier aus Kißlegg, meint, die Antragstellung sei grundsätzlich kein Problem. Er würde das Formular mit den Landwirten gemeinsam durchgehen und ausfüllen, bevor die erste Schlachtung ansteht. Generell sei eine gute Vorbereitung bei der Schlachtung im Herkunftsbetrieb das A und O, so Philipp Sontag. Bisher durften Tiere nur in einer hygienisch einwandfreien Umgebung entblutet werden. Seit Herbst 2021 darf der Stich zum Entbluten auch im Stall ausgeführt werden. Dadurch können die Tiere nun direkt im Stall mit dem Bolzenschuss betäubt und innerhalb von 60 Sekunden entblutet werden. Somit bleibt den Tieren auch der Stress beim Treiben in einen hygienisch sauberen Hänger erspart, und sie können in Ihrer gewohnten Umgebung geschlachtet werden. Voraussetzung dafür ist ein Fressgitter, in dem die Tiere für den Bolzenschuss fixiert werden können; dieses muss so konzipiert sein, dass das Tier innerhalb von 60 Sekunden daraus gelöst und gestochen werden kann. Entblutet wird dann meist im Liegen. Das Blut muss in einer Wanne aufgefangen und im Schlachtbetrieb entsorgt werden.
Wichtig ist, dass die Tiere zahm und an den Menschen gewöhnt sind. Sie müssen sich anfassen lassen, denn anders als beim Kugelschuss, der für die Tötung von ganzjährig im Freien gehaltenen Tieren genutzt werden kann, muss der Bolzen für die Betäubung direkt auf den Schädel des Tieres aufgesetzt werden. Philipp Sontag schlachtet mittlerweile nur noch im Stall und nicht mehr im Hänger, seine mobile Schlachteinheit ELYS ist daher recht einfach. Der Hänger ist auslaufsicher, hat eine Wanne, um das Blut aufzufangen, und eine Seilwinde, um das gestochene Tier in den Hänger zu ziehen.
Julian Seif, ein junger Metzgermeister aus Hauerz bei Bad Wurzach, hat seine mobile Schlachteinheit ebenfalls vorgestellt. Diese ist etwas größer und besitzt zusätzlich eine Fangeinrichtung, sodass auch im Hänger betäubt und gestochen werden kann.
Am Ende sind sich alle einig: Die Schlachtung im Herkunftsbetrieb ist eine tolle Möglichkeit, tierwohlgerecht zu Schlachten. Sie muss aber sehr gut vorbereitet und professionell durchgeführt werden. Dafür braucht es gut ausgebildete, erfahrene und motivierte Metzger/innen. Und die gibt es leider immer weniger, denn der Branche mangelt es massiv an Nachwuchs.