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Bruderkalb

Kalbswurst vom Bruderkalb - durchaus politisch

Es ist nicht der erste Besuch von Staatssekretärin Friedlinde Gurr-Hirsch in der Bio-Musterregion Hohenlohe, allerdings - die Gegend rund um Oberrot ist neu für sie. Als sie aus dem Auto steigt, kommentiert sie die Idylle und würdigt zugleich die Steillagen und hört aufmerksam zu, als ihr die gastgebenden Landwirte erklären, dass die schwer zu bewirtschaftenden Hänge aus der Flächenförderung gefallen sind.
Seit mehr als 30 Jahren bewirtschaftet Familie Frey den Völkleswaldhof in Neuhausen, Landkreis Schwäbisch Hall. Anja und Pius Frey setzen sich seit 2001 dafür ein, dass alle Kälber wesensgemäß aufwachsen können. Es war ein langer Prozess, bei dem sie auch wirtschaftliche Nachteile in Kauf genommen haben. Allerdings betrachten sie das als Haltungsfrage und seit sich immer mehr Verbraucher*innen für den Verbleib von männlichen Tieren interessieren, erfährt das Kalbsfleisch vom Völkleswaldhof und der Bruderkalb-Initiative Hohenlohe immer mehr Aufmerksamkeit und Wertschätzung.
Zum Empfang bereit stehen neben dem Ehepaar Frey der Demeter-Landesgeschäftsführer Tim Kiesler, Demeter-Berater Reiner Schmidt, Vorständin der Bäuerlichen Erzeugergemeinschaft Nadine Bühler, Regionalmanagerin der Bio-Musterregion Hohenlohe: Franziska Frey, Projektmanager „WertKalb“ der Uni Hohenheim Christoph Reiber und Referentin für die Demeter-Öffentlichkeitsarbeit BW Sonja Jürschik.
„Früher war Kalbsfleisch im Einsatz, wenn man sich etwas besonders Gutes tun wollte oder um nach einer Krankheit wieder zu Kräften zu kommen. Heutzutage bekommt man ja kaum noch Kalbfleisch. Bei meinem handwerklichen Metzger wird es leider gar nicht mehr angeboten“, erzählt Staatssekretärin Friedlinde Gurr-Hirsch. Kurz darauf öffnet Anja Frey den Zugang zur Weide und geht einer scherzenden Staatsekretärin voraus. Diese ist sichtlich stolz und erleichtert über ihre morgendliche Schuhauswahl. Offenbar hat sie damit gerechnet, dass sie heute inmitten einer Kuhherde mit neugierigen Kälbern steht. Hier lässt sich am besten fachsimpeln über Kälberaufzucht, Rinderrassen und gute Muttereigenschaften von Milchkühen. Alle 50 Kühe sind mit ihren Kälbern auf der Weide. Weiter geht es in den leeren Stall, der baulich auf kälberführende Demeter-Kühe zugeschnitten ist.
Auf dem Völkleswaldhof bekommen Kuh und Kalb mindestens drei Monaten Elternzeit. Danach werden die männlichen Jungtiere entweder zur Bullenmast auf einen Demeter-Betrieb in der Region oder zu wertvollem Bruderkalbfleisch verarbeitet. Die weiblichen Tiere wachsen auf dem Hof zu Milchvieh heran, deren Vorzugsmilch direkt vermarktet bzw. an die Molkerei Schrozberg geliefert wird.
Bei Kalbsbratwurst und Kartoffelsalat nimmt sich die Staatssekretärin genügend Zeit für einen offenen Austausch über Milchviehkälber, Fleischvermarktung zu fairen Preisen, Bio in der Außer-Haus-Verpflegung, besonders gesunde Ernährung in Kliniken und mehr „Bio“ in der staatlichen landwirtschaftlichen Ausbildung. Zum Abschluss ermutigt sie alle Beteiligten weiter nach tiergerechten und auskömmlichen Lösungen für die Milchviehkälber zu suchen. Schmunzelnd gesteht sie, dass sie ihren Ehemann damals mit gefüllter Kalbsbrust eingefangen habe.

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