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Die Hirse





             macht’s!




                                                                                    Bio-Musterregion
                                                                                    ENZKREIS
        Wer den Biobetrieb der Familie Gay in Nöttingen besucht,                    Trotz seiner geringen Größe ist der
        staunt erst mal: In elegantem Schwung überspannt eine                       Enzkreis einer der Vorreiter des Öko-
        Autobahnbrücke das gesamte Tal. Auf dem Hof hört man vom                    Landbaus in Baden-Württemberg. Vier
                                                                                    abwechslungsreiche Landschaftsräume
        Verkehr kaum was – und ohne Brücke gäbe es ihn gar nicht                    bringen eine bunte Palette an Agrar-
                                                                                    produkten hervor: Der Kraichgau im
        Text: Daniel Oliver Bachmann  Fotos: Michael Bode                           Nordwesten ist dank fruchtbarer Böden
                                                                                    eine der Kornkammern Süddeutschlands
                                                                                    – rund die Hälfte der Fläche wird hier
                                                                                    landwirtschaftlich genutzt. Das Hecken-
             s ist eine Landschaft wie aus dem Bil-  die Gays neben Weizen, Roggen und Hafer   gäu im Südosten besteht aus Acker- und
             derbuch, in die Nöttingen eingebet-  auch Emmer, Dinkel, Einkorn und Lein an.   Grünland, Streuobstwiesen und Feld-
       E tet liegt: Im Westen das Rheintal, im   Und eben Hirse. „Mein Vater Gerhard war   hecken. Im Süden prägen die dichten
                                                                                    Wälder des Schwarzwalds das Bild, wäh-
        Süden der Kraichgau, dazu gesellen sich die   ein Pionier“, erzählt Martin Gay. „Er wusste   rend der Stromberg im Nordosten beste
        Ausläufer des Nordschwarzwalds: Das alles   früh, dass wir es mit den Folgen des Klima-  Bedingungen für den Weinbau liefert.
        sorgt für ein mildes Klima, in dem auch Wein   wandels zu tun bekommen und dass Was-
        angebaut  wird. Familie  Gay hat  sich auf   ser eines Tages knapp werden kann. Daher
        Anderes spezialisiert: Bereits in der dritten   startete er seine ersten Versuche  mit der
        Generation  bewirtschaftet  der Biobetrieb   Hirse. Die braucht weniger Wasser als an-  35 Verkaufsstellen
        40 Hektar Acker- und Grünland. Dazu kom-  deres Getreide.“
        men  40  Rinder  in  der Mutterkuhhaltung,   Hirse ist ein Urgetreide, mit dem schon   im Enzkreis haben die Bio-Hirse im
                                                                                    Angebot. Vier Bio-Landwirte – darunter
        600 Freiland-Hühner sowie 50 Ziegen und   vor  8000  Jahren Fladenbrote hergestellt   Familie Gay –, eine Mühle, die Bio-Mus-
        35 Schafe. Mit denen schließt sich der Kreis   wurden. In der Sprache von heute ist die   terregion und das Landwirtschaftsamt
                                                                                    Enzkreis haben sich zusammenge-
        zu  den  Weinbauern  in der  Nachbarschaft.   glutenfreie Hirse aufgrund ihres hohen   schlossen, um angesichts des Klima-
        „Einige unserer Tiere halten den Wilferdin-  Mineralstoffanteils  wie Magnesium, Ka-  wandels den Anbau, die Verarbeitung
                                                                                    und Vermarktung von Hirse als regiona-
        ger  Solarpark offen“, erzählt  Martin  Gay,   lium, Eisen, Silizium und  Vitamin B6  ein   les Powerfood zu fördern.
        und Sohn Philipp ergänzt: „Und die anderen   Superfood.  Ähnlich  bezeichneten  auch
        aufgegebenen Wengerte, damit diese nicht   die Germanen das Getreide, denn „Hirsa“
        verwildern. Ein paar Schafe sind auch in den   und „Hirso“ bedeuten schlicht und einfach
        Steilhängen des biologischen Weinguts von   Nahrhaftigkeit und Sättigung.   auf 21,5 %
        Claus Bischoff in Dietlingen beschäftigt.“  Doch bevor es nahrhaft werden kann,
                                            muss Familie Gay erst mal Hand anlegen.   der landwirtschaftlichen Fläche wird
           Apropos beschäftigt – an Arbeit man-  Denn trotz vieler Vorteile  haben  Bio-Son-  ökologischer Landbau betrieben. Dies
        gelt es auf dem Biohof nicht, obwohl der   derkulturen einen Nachteil,  und der  heißt   entspricht einer Fläche von 4.428 ha.
        52-jährige  Martin  Gay  noch  ganztags bei   Verarbeitung  für kleine Mengen.  „Wir
        einem Maschinenbauer tätig ist. Sohn Phi-  schälen Dinkel“,  zählt Martin auf,  „reini-
                                                                                              Hier gibt's
        lipp hat mit 20 Jahren indes die Landwirt-  gen Weizen, entfernen mit der Farbanalyse   weitere Infos
                                                                                             zum Projekt
        schaftslehre  hinter  sich  und  bereitet  sich   Schwarzbesatz und machen  überhaupt   (links) und zur
        auf die  Meisterschule vor.  Er will später   alles,  damit unsere Bioland-Kollegen und   Musterregion
        den Biohof in  Vollzeit übernehmen.  Auch   Naturkostläden ihren Kunden ein umfang-
        Mutter Birgit hat alle Hände voll zu tun. Die   reiches Angebot bereitstellen können.“ Da-
        gelernte  Gärtnerin versorgt  morgens die   für braucht’s Erfahrung: „Ich schaue mir ein
        Hühner, richtet Eier und  verpackt  Getrei-  Getreide an, dann weiß ich, was zu tun ist.
        de  und  Mehl verkaufsfertig. Als einer der   Was auch daher rührt, dass wir immer bereit
        ersten Bio-Betriebe in  der Region bauten   sind, alles zu optimieren“, sagt Martin Gay.

                                                                                         BIO-MUSTERREGION ENZKREIS  49
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