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Wein
Kraft und großer Aromenvielfalt. Ein wichtiges Ar- Die Zeit sei in jedem Fall reif für einen Neu-
gument, das auch Neugierde schafft. anfang im Weinbau, findet Dilger, der sich auch
beim Verband Ecovin engagiert. „Wir müssen
Andreas Dilger ist Piwi-Pionier. Er geht neue uns auf den Weg machen und dürfen die Agrar-
Wege. Alleine schon sein Arbeitsplatz! Das Wein- wende nicht verschlafen.“ Der Weinbau sei ein
gut ist inmitten des traditionsreichen Freiburger Wende segment und Piwis die passenden Bau-
Stadtteils Wiehre beheimatet, in einem ehemali- steine: „Sie sind robust, schützen die Anwender,
gen Trakt eines historischen Straßenbahndepots sparen Kosten und minimieren das Risiko von Er-
– wohl einmalig in Deutschland. Als er es 2002 tragsausfällen erheblich“, sagt der dreifache Fami-
gründete, war er der erste Winzer im Land, der lienvater, der ursprünglich Sozialwissenschaften
ausschließlich auf Piwi-Weine setzte. Und auch studierte, als Seiteneinsteiger vor über 25 Jahren
bei der Vermarktung ist der Freiburger Vorreiter: zum Weinbau kam und längst anerkannter Fach-
2020 rief er am Predigerplatz den „solidarischen mann ist.
Weinberg“ ins Leben. Für 60 Euro im Monat kön- Seine Weinberge erstrecken sich inzwischen
nen Anteile an der 1,3 Hektar großen Alleinlage über drei Lagen und eine Fläche von sechs
am Lorettoberg erworben werden. Im Gegenzug Hektar, 30 000 Flaschen produziert er jährlich,
gibt es dafür jeden Monat sechs Flaschen Wein 16 verschiedene Piwi-Sorten sind im Angebot.
nach Wahl. „Das ist eine partnerschaftliche Ver- Rot-, Weiß- und Roséweine, dazu Sekt und Sec-
bindung zwischen Konsument und Produzent. cos. Sie hören auf so wohlklingende Namen wie
Die Kosten für die gesamten Leistungen, die Be- Helios, Solaris, Souvignier Gris oder Monarch
wirtschaftung des Rebbergs, die Weinherstellung und kitzeln den Gaumen mit abwechslungsrei-
und die weiteren ökologischen Maßnahmen wer- chen Aromen von Stachelbeeren, Limetten über
den unter den Mitgliedern aufgeteilt“, erklärt der Kirsche, Brombeere und Vanille bis hin zu Dörr-
Winzer das Prinzip. Die Nachfrage ist so gut, dass obst mit Gewürz- und Holzanklängen – das macht
inzwischen der dritte solidarische Weinberg in einfach Spaß!
Planung ist. „Wie wäre es mal mit einem Rosé?“, fragt
Dilger und greift zum Cabernet Cortis Rosé, des-
sen lachsfarbene Blässe ihm ganz hervorragend
steht. Sehr frisch, wunderbar trocken mit dezenter
Frucht. Man wähnt sich in Südfrankreich, irgend-
wo am Meer. Ein Wein, wie gemacht für lange
Sommerabende.
Es ist ein großes Glück, dass es die Piwi gibt.
„Hätten wir sie nicht, dann hätten wir im Wein-
bau ein großes Problem. So habe ich nur die Auf-
gabe, den Wandel im Weinberg umzusetzen“, sagt
Dilger. Und diese packt der Winzer mit beiden
Armen kräftig an. Erst kürzlich übernahm er einen
Weinberg, den der Vorbesitzer aufgeben wollte.
Am Lorettoberg gelegen, nur einen Steinwurf
entfernt von der „Wiege“ der Piwi, dem Staat-
lichen Weinbauinstitut Freiburg (WBI). Am WBI
wird bereits seit 1930 an den pilzwiderstandsfähi-
gen Rebsorten gezüchtet, viele von Dilgers Sorten
stammen von dort. So wie der FR-628 und der Pri-
or, Rotweinreben, die am neuen Weinberg wach-
sen sollen. Dilger nennt die einen Hektar große
Lage, die direkt an ein Wohngebiet grenzt, auch
Blick in den Schwarzwald: Der Weinbau gehört an den westlichen Ausläufern der
beliebten Ferienregion zum Landschaftsbild ganz selbstverständlich dazu „Weinberg der Zukunft“.
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