Text und Bilder von Tobias Rehm
Durchschnittlich 200 Essen werden im Wohnheim des Zimmerer-Ausbildungszentrums in Biberach täglich ausgegeben: morgens, mittags und abends. Zuständig dafür ist das CJD (Christliches Jugenddorfwerk Deutschlands gemeinnütziger e.V.), das seit 40 Jahren den Wohn- und Lebensbereich für die jungen Zimmerleute verantwortet. Vor gut drei Jahren machte sich das Küchenteam auf den Weg, mehr Bio-Lebensmittel auf den Speiseplan zu bringen. Lag der Anteil anfangs noch bei zwei Prozent, wurde er seither nach und nach ausgebaut. „Unser Ziel sind mindestens 30 Prozent“, erklärt Küchenleiterin Anna Siegle. Ein langer Weg, auf dem jeder Schritt wohl überlegt und geplant sein muss.
„Bio in der Gemeinschaftsverpflegung in Bio-Musterregionen“: Unter diesem Titel hatte das Ministerium für Ernährung, ländlichen Raum und Verbraucherschutz Baden-Württemberg (MLR BW) 2020 ein Projekt gestartet, das sich für ein „nachhaltiges und leckeres Essen außer Haus“ einsetzte. Insgesamt 37 Einrichtungen aus acht Bio-Musterregionen im ganzen Land erreichten während der zweijährigen Projektphase das Ziel einer Bio-Zertifizierung. Darunter das CJD in Biberach. Eine weitere Zertifizierung brachte in diesem Zug die Ausrichtung des Verpflegungsangebots nach den Qualitätsstandards der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE).
Diese Qualitätsstandards schlagen sich auch im Speiseplan nieder: Grüne Smileys zeigen gesunde Lebensmittel auf, es gibt Empfehlungen für ein gesundheitsförderndes Angebot, Fleisch wird nur noch zwei Mal in der Woche angeboten. „Wir haben unseren Speiseplan komplett umgestellt“, berichtet Küchenleiterin Anna Siegle. „Er ist übersichtlicher geworden – aber zugleich vielfältiger.“ Sie habe schon vor Jahren mit dem Gedanken gespielt, mehr auf Bio zu setzen. Das Projekt zu Bio in der Gemeinschaftsverpflegung sei dann der passende Anlass gewesen, um dieses Thema anzupacken. „Aber erst einmal muss man den Mut haben, diesen Schritt zu gehen“, sagt Siegle. „Und ein motiviertes Team, das hinter einem steht.“
Die am Landesprojekt beteiligten Einrichtungen und Betriebe der Gemeinschaftsverpflegung hatten die Möglichkeit sich auszutauschen, voneinander zu lernen und sich gegenseitig zu unterstützen. Bei einem Treffen mit Erzeugern, Verarbeitern und Händlern aus der Region wurden gemeinsam neue Lieferbeziehungen und Bezugsmöglichkeiten von bio-regionalen Lebensmitteln thematisiert. Deren Zuverlässigkeit, regelmäßig konstant größere Mengen liefern zu können, stellte sich für Anna Siegle schnell als einer der wichtigsten Faktoren heraus. Obwohl die Bio-Branche auch regional mittlerweile breiter aufgestellt sei, könne nicht jeder Erzeuger beispielsweise Woche für Woche 80 Kilogramm vorgeschälte Kartoffeln liefern. „Wir arbeiten gerne mit örtlichen Bio-Erzeugern zusammen, brauchen dafür aber Sicherheit und Konstanz.“
So setzt das CJD bei seinen Lieferanten auf einen Mix aus Großhandel und lokalen Partnern. Ihr sei der regionale Bezug von Lebensmitteln wichtig, betont Siegle, aber regional bedeute eben nicht zwangsläufig Bio. Den ersten Schritt in Richtung mehr Bio machte das CJD mit Kaffee und Tee. Es folgten Milchprodukte, dann Trockenwaren wie Hülsenfrüchte, Leinsamen und Haferflocken. „Wenn ein Lebensmittel umgestellt wird, muss das konstant erfolgen“, so die Küchenleiterin. „Das dauert und passiert nicht von heute auf morgen.“ Die Dokumentation sei zeitaufwendig, die Kontrollen engmaschiger, das Erstellen des Speiseplans detaillierter als früher. Ein Bio-Kircherbsen-Curry sei schließlich etwas anderes als ein Curry mit Bio-Kichererbsen.
Der fortwährende Umstellungsprozess biete immer wieder die Chance, neue Gerichte und Produkte auszuprobieren. „Wir müssen uns täglich hinterfragen und überdenken, was wir verbessern können“, sagt Anna Siegle. So schweben ihr als Nächstes Alb-Leisa, Kartoffeln und Teigwaren in Bio-Qualität vor. Ein „großes Ziel“ sei zudem Bio-Fleisch – auch eine kalkulatorische Herausforderung. Zwar schlagen die Preise im CJD nicht direkt bei den Gästen durch, wohl aber bei den Betrieben, die Essensgeld für ihre Auszubildenden zahlen.
Ein weiterer positiver Aspekt der Speiseplan-Umstrukturierung: Die Lebensmittelabfälle im CJD sind deutlich reduziert worden. Rund 90 Prozent der Lebensmittel würden heute verwertet, erklärt die Küchenleiterin. Manches am Abend schlicht auch in anderer Form und Zubereitung als am Mittag.
Und so sind es viele Mosaiksteine, die das CJD-Team nach und nach zusammenfügt, um seine Rolle als „Leuchtturmprojekt in der Gemeinschaftsverpflegung“ auch in Zukunft zu erfüllen – als solches wurde das CJD gemeinsam mit weiteren Betrieben und Einrichtungen vom MLR BW hervorgehoben. Die Leuchttürme, so das Ministerium, „geben den Anstoß für ein gesünderes und nachhaltigeres Kantinen- und Mensaessen in Baden-Württemberg“.