Text und Bilder von Tobias Rehm
Der Haslacher Michael Bayer hat sich den Traum vom eigenen Bio-Hof erfüllt
Eine Leidenschaft für die Landwirtschaft hat Michael Bayer schon immer. Dass der 33-Jährige damit seinen Lebensunterhalt verdient, war aber lange nicht abzusehen. Bayer war Elektriker in einem großen Betrieb, die Landwirtschaft sein Hobby. Aber genau in diesem ging er auf – und zog in der Industrie deshalb einen Schlussstrich. Gemeinsam mit seiner Frau Tanja übernahm er in Haslach den Neuhauserhof. Dort führen sie die seit Jahrzehnten praktizierte Bewirtschaftung nach Bioland-Richtlinien fort.
Auf dem Hof seines Onkels helfen, bei Bekannten im Stall mitanpacken, ein Lohnunternehmen bei der Getreideernte unterstützen – Tätigkeiten, die Michael Bayer schon immer erfüllten. Also beschloss er, neben seinem Broterwerb den Landwirtschaftsmeister zu machen. Der erste Schritt in Richtung Neuanfang. Was Leben und Arbeiten auf einem Hof bedeuten, kannte er noch von seinen Großeltern. Und nach zehn Jahren in der Industrie widmete sich Bayer tatsächlich ganz der Landwirtschaft.
Dass er gemeinsam mit seiner Frau voll auf die Karte Landwirtschaft setzen wollte, leuchtete nicht allen ein. „Bei uns beiden hat es aber nie Zweifel gegeben“, sagt Tanja Bayer rückblickend. Mit Anton Bär fand Michael Bayer in seinem Heimatort Haslach einen Bio-Landwirt, der seine Auffassung einer ressourcenschonenden und umweltverträglichen Bewirtschaftung teilte. Bär hielt seinerzeit Mastrinder und betrieb Ackerbau. 2016 gründeten die beiden Landwirte eine GbR und setzten den Weg der ökologischen Landwirtschaft, den Anton Bär bereits 1989 eingeschlagen hatte, gemeinsam fort. Immer weiter und schneller wachsen, wie im konventionellen Bereich oft erforderlich, war und ist in den Augen von Michael Bayer nicht das Richtige. „Wenn man 75 Kühe hat, muss man schon an 150 denken, und auch das ist dann meist nur ein Zwischenschritt.“
Der junge Landwirt sah sich in seiner beruflichen Neuorientierung rasch bestätigt. Er lernte viel über Ackerbau, Kreislaufwirtschaft, Bodenbewirtschaftung und den Umgang mit Tieren. Auch der Hof entwickelte sich weiter, wurde 2017 zusätzlich als Demeterbetrieb zertifiziert. Außerdem zogen wieder Milchkühe in den Stall ein. 2019 wurden Michael und Tanja Bayer schließlich alleinige Eigentümer des Neuhauserhofs. Eine Entscheidung, von der alle Seiten profitierten. Bär, der sein Lebenswerk weitergeführt sah, Bayer, der sich in seinem Heimatort den Traum vom eigenen Hof erfüllen konnte.
Vier Jahre später leben die Bayers mit ihren zwei Söhnen auch auf dem Hof. Bis heute halten sie rund 40 Milchkühe samt Nachzucht. Zwar erzählt Michael Bayer davon, mal überlegt zu haben, etwas Anderes als Milchvieh zu halten. Aber letztlich sei er doch genau an diesem wieder hängengeblieben. „Milchvieh und Ackerbau passen einfach gut zusammen.“ Der Kreislaufgedanke könne hier praktiziert werden, es gebe vielfältige und mehrgliedrige Fruchtfolgen, Kleegras erfahre eine sinnvolle Verwendung. Und am Ende könne Getreide und Raps mit hoher Qualität geerntet werden. „Das Gesamtpaket passt einfach.“
Dazu gehört selbstredend auch der Verzicht auf Mineraldünger und chemisch erzeugte Pflanzenschutzmittel. Dabei ist Michael Bayer ohnehin der Überzeugung, dass er ohne Herbizide besser fährt. Mit Schädlingen – zum Beispiel beim Raps – habe er noch nie Probleme gehabt. Seine Erklärung: „Wenn das Unkraut weggespritzt wird, fehlt den Insekten der Lebensraum.“ Und diese seien nun mal die „Gegenspieler“ der Schädlinge.
87 Hektar Fläche bewirtschaften die Bayers in Haslach, davon 34 Hektar Grünland. Die Kühe bekommen überwiegend frisches oder getrocknetes Gras, die Heumilch wird von der Bauernkäserei Leupolz abgenommen. Auch das Getreide sowie Raps, Soja und Hanf werden über regionale Partner verarbeitet und vermarktet. So bezieht beispielsweise die Leutkircher Brauerei Härle die Braugerste, die Allgäuer Ölmühle in Kempten sowie der Biolandhof Bauschatz in Riedlingen den Raps, die Erzeugergemeinschaft Kornkreis Weizen, Dinkel und Roggen.
Vier Jahre nach der Hofübernahme wissen Michael und Tanja Bayer, dass ihre damalige Entscheidung die richtige war. Zumal ihre Anfänge in eine Zeit fielen, in der Bio-Produkte boomten. Tanja Bayer verdeutlicht dies damit, dass Getreide von ihrem Hof drei Tage später schon im Backhaus verarbeitet wurde. Die Ernte konnte nicht schnell genug gehen. Was sich in der Pandemie zunächst fortsetzte, änderte sich zuletzt aber durch die Inflation: Eine Kaufzurückhaltung führte zu einer geringeren Nachfrage im Bio-Segment.
Michael Bayer hat hierzu eine klare Meinung: „Der Verbraucher hat es in der Hand, wie künftig Landwirtschaft betrieben wird.“ Ob man Artenvielfalt, Biodiversität und die damit verbundene ökologische Landwirtschaft unterstütze, werde im Laden entschieden, nicht an der Wahlurne. „Viele Menschen machen es sich zu einfach und schieben die Verantwortung der Politik zu“, so Bayer, „aber wenn die Lebensmittel nicht gekauft werden, wird die ökologische Landwirtschaft nicht weiter wachsen“.
Er selbst will sich in absehbarer Zeit zumindest ein bisschen vergrößern. An die 60 Kühe stellt er sich mittelfristig vor, eine für heutige Verhältnisse immer noch überschaubare Größe. „Für uns ist das aber völlig ausreichend“, sagt Michael Bayer. „So können wir immer noch eine ausgewogene Landwirtschaft betreiben, die der Natur zugutekommt und uns Spaß macht.“