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Hochstetterhof

Der Bauernhof als Erlebnisort

Text und Bilder von Tobias Rehm

Der Hochstetterhof bei Mettenberg hat eine lange Geschichte. 1299 wurde er erstmals urkundlich erwähnt. Heute wird er von Heinrich Baur in dritter Generation bewirtschaftet, seit 2016 nach Bioland-Richtlinien. Der Bio-Landwirt hält Rinder, Schweine, Schafe und Hühner, baut Gemüse an – und legt Wert auf das Erlebnis Bauernhof. Bei Veranstaltungen und Führungen zeigt er, wie regionale Bio-Landwirtschaft funktioniert und wo die Produkte herkommen.  

Rauschebart, Schiebermütze, Latzhose: So zeigt sich Heinrich Baur auf seinem Hof. Und in der digitalen Welt. Als „Bauer Heini“ hat er auf Instagram mehr als 3.500 Follower, die er mit aufs Feld, in den Hofladen oder in die Küche nimmt. Er erklärt, wie Kartoffeln geerntet werden, Wildblumenwiesen wachsen oder Kohlrabiblätter zubereitet werden können. Für den 53-Jährigen sind die Video-Clips ein Format, mit dem er unterhalten will. Aber auch erzählen, was das Jahr über passiert. „Wir müssen die Leute wieder auf den Hof holen, das hat die Landwirtschaft in der Vergangenheit verpasst.“
Im Fall von Heinrich Baur handelt es sich um einen Einödhof, circa einen Kilometer südöstlich von Mettenberg, mitten in der Natur. Mit 28 erbte er diesen von seinen Eltern. 13 Jahre lang betrieb der Landwirtschaftsmeister den Hochstetterhof parallel zu seiner Tätigkeit im Schlachthof. Dort arbeitete er nachts, tagsüber widmete er sich der Landwirtschaft. Er spezialisierte sich auf Ferkel, baute 80 Abferkelbuchten, verkaufte mehrere Tausend Tiere im Jahr. Irgendwann brach der Markt ein, Baur verabschiedete sich von dieser hochspezialisierten Ausrichtung und orientierte sich in Richtung ökologischer Landwirtschaft.
Das war 2016. Heute sagt er: „Ich bin am richtigen Platz und glaube daran, dass ich durch bewusstes Handeln zur richtigen Zeit das Beste für die Umwelt tun kann.“ Unterstützt wird er dabei von der ganzen Familie und zahlreichen Helferinnen und Helfern, die immer wieder mitanpacken. Obwohl Heinrich Baur erst über Umwege zur ökologischen Landwirtschaft fand, ist diese Form der Bewirtschaftung für ihn längst alternativlos. Größter Pluspunkt dieser Wirtschaftsweise ist in seinen Augen die Produktion gesunder und größtenteils rückstandsfreier Nahrungsmittel, gepaart mit der Überzeugung, „dass es so für die Natur deutlich besser ist“.

Rund um den Hochstetterhof wachsen Gemüse, Kräuter, Kürbisse, Kartoffeln, Linsen, Getreide, Silomais und Kleegras; einige der insgesamt 40 Hektar werden als Grünland bewirtschaftet. Diese Vielfalt an Bio-Produkten aus eigenem Anbau verkauft Heinrich Baur an Partner in der Gastronomie und in der Nahversorgung. Zur Produktpalette gehören auch Fleisch und Wurst von den Schweinen, Schafen und Rindern, die auf dem Hof leben. Wichtig ist dem Bio-Landwirt dabei die ganzheitliche Verwertung. „Wir bringen das ganze Tier an den Mann und die Frau.“ Die Rinder werden seit einigen Jahren direkt auf der Weide geschossen. Für Baur die „natürliche und tierfreundlichste“ Methode.
Wer möchte, kann auf dem Feld selbst frische Salate, Gemüse und Kräuter ernten. Oder im Hofladen einkaufen. Eingerichtet im alten Wohnhaus von Heinrich Baurs Großeltern versprüht er dank alter Tapeten und Möblierung nicht nur den Charme früherer Zeiten, auch die traditionelle Verarbeitung und Haltbarmachung von Obst und Gemüse gerät hier nicht in Vergessenheit.
Und wer auf den Hof kommt, dem kann Heinrich Baur zeigen, wo seine Lebensmittel herkommen. Zum Beispiel Kindergartengruppen und Schulklassen, die ab und an zu Gast sind. Der Bauernhof als Lernort. Heutzutage wüssten nicht mehr alle Kinder, wo Karotten herkommen und wie diese wachsen, erzählt Heinrich Baur. Deshalb geht er mit den Kindern auf den Acker, wo Karotten aus dem Boden gezogen und vor Ort gegessen werden. Oder er zeigt, wie die Tiere gehalten werden, die sie später essen. „Das“, ist Baur überzeugt, „gibt andere Erwachsene.“ 
Überhaupt ist es dem Bio-Landwirt ein Anliegen, dass sein Hof ein transparenter Ort des Austauschs, des Miteinanders und der bewussten Auseinandersetzung mit Lebensmitteln ist. Der alte Kuhstall fungiert heute als Selbstbedienungscafé, ein Artenvielfalt-Rundweg macht die sieben Bioland-Prinzipien für die Landwirtschaft der Zukunft erlebbar, eine interaktive Schnitzeljagd lädt zum Entdecken ein. Foodfestival, Hofdinner oder auf die Jahreszeit abgestimmte Angebote wie Maislabyrinth und Kürbis-Schnitzstation runden das Erlebnis Bauernhof ab. Heinrich Baur ist sich sicher: „Viele Menschen suchen das Einfache. Hier können sie es finden.“
Dass diese Herangehensweise den Zeitgeist trifft, zeigte im Frühjahr der Aufruf eines regionalen Radiosenders, über den beliebtesten Erlebnisbauernhof Schwabens abzustimmen. Auf Platz eins: „Bauer Heini“ und der Hochstetterhof.

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