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Eselsburg / Elena Kretschmer / Heidenheimer Zeitung / 20.05.2019
Um ein Zeichen gegen die Verschwendung von Lebensmitteln zu setzen, wurde im Himmelszelt im Eselsburger Tal gemeinsam geschnippelt, gekocht, gegessen und beim anschließenden Multikulti-Abend auch noch gesungen.
Ein Berg buntes Gemüse türmt sich in einer blauen Plastikwanne – gelbe, grüne und rote Paprika, Zucchini, Karotten, Pilze. Einen Tisch weiter findet sich eine große Schüssel voll Kartoffeln, gegenüber sind es Tomaten- und Kürbisstücke, die eine Terrine füllen. Das Gemüse-Allerlei ist das Werk von etwa 40 Menschen, die in den großen Vorzelten des Himmelszeltes im Eselsburger Tal zur sogenannten Schnippeldisco zusammengekommen sind. Während also im Hintergrund Partymusik läuft, schnippeln sie konzentriert und fast schon im Akkord das Gemüse, das ihnen vom Organisationsteam vorgesetzt wird.
„Es ist toll, dass so viele Leute gekommen sind“, sagt Johanna Böll, während sie freudig auf die vier voll besetzten Biertischgarnituren blickt. Die 28-Jährige ist Regionalmanagerin der Bio-Musterregion Heidenheim und in Kooperation mit dem Himmelszelt sowie den Auszubildenden des Landratsamtes und des Real-Marktes Heidenheim für die Organisation verantwortlich. „Wir wussten überhaupt nicht, wie viele Leute kommen, weil wir eigentlich nur Flyer ausgelegt hatten.“ Durch die waren tatsächlich auch die meisten Teilnehmer auf die Aktion aufmerksam geworden, wie sie selbst angaben, bei anderen waren es Freunde und Bekannte.
Das sind die Hintergründe
Doch was ist eigentlich die Idee hinter der Schnippeldisco? „Wir möchten das Bewusstsein der Menschen für Lebensmittel wieder stärken und Landwirte und Verbraucher wieder näher zusammenbringen“, erklärt Böll. Gleichzeitig ist die Schnippeldisco eine Art öffentliche kulinarische Protestaktion gegen Lebensmittelverschwendung, hinter der sogar eine inzwischen weltweite Bewegung steckt, die Slow Food Youth. „Denen geht es darum, dass einfach viel zu viel weggeschmissen wird und zum Beispiel krumme Karotten oder Obst mit Dellen ausgemustert werden, weil sie unseren hohen Ansprüchen nicht genügen. Deshalb werden solche Lebensmittel eingesammelt und verwertet. Eben auch hier bei uns“, so Böll. So lautete das Motto des Tages auch „Teller statt Tonne“.
Bei insgesamt fünf Landwirten und Händlern aus der Region konnten die knapp 20 Mitglieder des Organisationsteams am Samstagvormittag dann zwei Säcke Kartoffeln, acht Kisten Gemüse und etwa vier Säcke Brot einsammeln. „Wir haben uns überlegt, was wir daraus machen können und uns entschieden, eine Bratkartoffelpfanne mit Gemüse zu machen und Brot dazu zu reichen“, erläutert die Regionalmanagerin.Team Transport karrte also das Gemüse an, Team Schrubben kümmerte sich ums Waschen und verarbeiten durften es die Gäste unter Aufsicht des Teams Schnippeln. Das Team Fotografie dokumentierte alle Schritte. Team Kochen hatte Glück, denn wären die zwei riesengroßen Paella-Pfannen nicht mit Gas betrieben gewesen, hätte das Festessen ganz schön in die Hose gehen können. Wegen des Regens war einige Male der Strom ausgefallen. Doch selbst durch die Schauer ließen sich die Besucher nicht abhalten, im Himmelszelt vorbeizuschauen. Etwa 150 Portionen der Kartoffelpfanne konnten bei der Schnippeldisco ausgegeben werden, die nahtlos in den Multikulti-Abend überging. „Diese Aktion haben wir vor drei Jahren im Rahmen eines Sprachkurses für Flüchtlinge ins Leben gerufen. Die Idee war, dass jeder eine Kleinigkeit zu essen mitbringt und wir eine offene Bühne haben“, so Wolfgang Geiger, Vorsitzender des Himmelszelt-Vereins. „Allerdings mussten wir feststellen, dass das wohl so langsam ausläuft. Was die Darbietungen angeht, war es heuer schon noch multikulti, aber vom Publikum her eher nicht.“ Das habe aber nach Geigers Einschätzung auch daran gelegen, dass noch Ramadan war. Die offene Bühne nutzten unter anderem D’Bänd, Olaf Schrader und Bassist Colin Jackson, Andreas Graf, eine rumänische sowie eine amerikanische Künstlerin zum Musikmachen und drei Mädels, um Luftartistik vorzuführen.
Hinterher konnten sich die Besucher noch Brot mitnehmen. Böll erläutert: „Das haben wir hingestellt und am Ende waren tatsächlich alle gesammelten Lebensmittel aufgebraucht.“
https://www.hz.de/meinort/herbrechtingen/teller-statt-tonne-31350712.html